Regelwerke wie die TA Luft führen bei Anlagenbetreibern häufig zunächst zu Unsicherheiten. Übliche Fragen sind: „Was ist neu?“, „Betrifft uns das?“, „Was genau ist geregelt?“ ... „Dabei liegt es in der Natur von Regelwerken, dass sie einen Rahmen vorgeben und – gerade in Bezug auf Dichtungen – keine oder nur wenig konkrete Umsetzungsempfehlungen geben“, erläutert Thomas Böhm, Senior Expert in der Abteilung Digital Engineering, Standards & Documentation bei EagleBurgmann Germany, und fügt hinzu: „Unsere Produkte und Dienstleistungen zielen aber genau darauf ab, es den Betreibern an dieser Stelle leichter zu machen und auch die Wirtschaftlichkeit ihrer Anlagen zu optimieren.“
Böhm: Richtig, die TA Luft gibt es seit 1964. Sie ist eine deutsche Verwaltungsvorschrift auf Grundlage des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) und eine Umsetzung der europäischen Industrial Emissions Directive (IED). Damit ist sie die Grundlage für die behördliche Überprüfung genehmigungsbedürftiger Anlagen. Neu sind die Ausweitung des Anwendungsbereichs auf weitere Anlagen, neue und strengere Grenzwerte für verschiedene Luftschadstoffe, die Anpassung der Prüfmethoden und die Anpassung der bisherigen technischen Standards im Sinne der Verwendung der „Besten Verfügbaren Techniken“ (BVT).
Böhm: Da muss man schon genau hinschauen, immerhin ist die TA Luft mehrere hundert Seiten stark. Für Dichtungen ist in erster Linie das Kapitel 5.2.6 relevant. Sobald die dort aufgeführten Kriterien a) bis d) für einen Betreiber zutreffen, sind für die in den Abschnitten 5.2.6.1 bis 5.2.6.7 genannten Anwendungsbereiche wie z. B. Pumpen und Rührwerke, Verdichter, Flanschverbindungen, Absperr- und Regelorgane, Probeentnahmestellen, Umfüllung und Lagerung, bestimmte Dichtungstypen vorgeschrieben. Für die unter 5.2.6.1 beschriebene Förderung flüssiger organischer Stoffe haben wir einen TA Luft-Leitfaden erstellt. Die Möglichkeiten kann ich im Einzelgespräch gerne erläutern.
Böhm: …, aber nur auf den ersten Blick, denn zum einen sind hier nicht alle Anwendungsbereiche / Maschinentypen bzw. möglichen Dichtungen aufgeführt und zum anderen ist auch die verwendete Terminologie nicht eindeutig.
Böhm: Unklarheiten bzgl. der Wahl der Dichtungstechnik sind betreiberseitig im Einzelfall mit der jeweiligen Genehmigungsbehörde zu klären, wobei hinsichtlich der Dokumentation zu berücksichtigen ist, dass Testzertifikate nur für Dichtungen in Flansch-, Absperr- und Regelorganen vorgelegt werden müssen.
Böhm: Ja, es werden zum Beispiel unterschiedliche Begriffe für gleiche Technologien verwendet. 5.2.6.1 Pumpen: Mehrfach-Gleitringdichtungen, 5.2.6.1 Rührwerke: Doppelt wirkende Gleitringdichtungen oder 5.2.6.2 Verdichter: Mehrfach-Dichtsysteme. Auch sorgt ein Begriff wie “gleichwertig technisch dichte Systeme“ eher für Verwirrung. Ein System ist per Definition technisch dicht oder nicht. Kompensatoren oder Kohleschwimmringdichtungen finden keine Erwähnung, obwohl sie eine probate Lösung darstellen können. Und auch die Vorgabe zur Berücksichtigung der„Besten Verfügbaren Techniken“ wirft in der Praxis immer wieder Fragen auf.
Böhm: Das hängt von Anwendungsfall ab und definiert zum Zeitpunkt des Einbaus die beste technische Lösung, um, wie in unserem Fall, eine Dichtstelle zu realisieren. Wikipedia präzisiert das sehr gut:
„Die Formulierung Beste Verfügbare Techniken (BVT, englisch best available techniques = BAT) bezeichnet eine europäische Technikklausel, die auch international (zum Beispiel vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen) verwendet wird. Der Begriff entspricht im Wesentlichen dem im deutschen Sprachraum traditionell verwendeten Konzept des Standes der Technik. Gemäß der Industrieemissionsrichtlinie müssen in der Europäischen Union die besonders umweltrelevanten Industrieanlagen auf der Basis der besten verfügbaren Techniken genehmigt werden. Auch ältere (bestehende) Anlagen müssen seit dem 30. Oktober 2007 auf Grundlage der BVT betrieben werden.“ [1]
Böhm: Ja. Wichtige Informationsquellen sind BVT-Merkblätter, BVT-Schlussfolgerungen und branchenspezifische Dokumentationen über den aktuellen Stand der Technik. Diese werden durch das europäische IPPC-Büro in Sevilla bereitgestellt, sind aber auch über die Website des Umweltbundesamtes verfügbar.
In Bezug auf „Gleitringdichtungen“ gibt es aber nur sehr allgemeine Vorgaben. Die sinnvolle Differenzierung und Konkretisierung sind derzeit Aufgaben des Sevilla-Prozesses, der solche Fragestellungen präzisieren soll, was aber momentan für Dichtungen nicht wirklich stattfindet. Hilfreiche Informationen bietet hier der Wegweiser Beste Verfügbare Techniken Made in Germany
Böhm: Ja, das ist richtig. Viele unserer zukunftsweisenden Innovationen, wie z.B. neuartige Nutendesigns für Gleitringe, Low-Friction-Dichtungen, unsere Null-Emissionsdichtung CobaDGS etc. sind in den aktuellen technischen Vorgaben nicht enthalten. Das liegt aber in der Natur der Sache, denn technische Lösungen werden heute immer schneller entwickelt und umgesetzt.
Böhm: Hier unterstützen wir gerne, denn wir verfügen sowohl über das Know-how als über ein breite Produktpalette und die regulatorische Expertise, um unsere Kunden bei der Auswahl und der behördlichen Genehmigung der gewählten Lösung zu begleiten und zu beraten.
Böhm: Theoretisch schon, aber in der Praxis ist das bei unserer dynamischen technischen Entwicklung nicht immer der Fall. Deshalb unterstützen wir bei behördlichen Genehmigungsverfahren mit fundierten Argumenten.
Böhm: Ich möchte die TA Luft nicht in diesem Kontext betrachten. Sie ist nicht neu, sie stellt nur die zuvor skizzierten neuen Anforderungen dar, und zwar in Bezug auf die heutigen gesellschaftlich gewünschten, d.h. nachhaltigen Entwicklungen. Dieser Aspekt ist mir wichtig und kommt oft zu kurz. Wir alle haben eine gesellschaftliche Verantwortung für eine saubere Umwelt und damit als Unternehmen für eine nachhaltige Produktion. Mit dem Einsatz der „Besten Verfügbaren Technik“ tragen wir dem Rechnung und sichern wertvolle Produktionsarbeitsplätze – nicht nur im Unternehmen, sondern auch gesamtwirtschaftlich auf europäischer Ebene und tragen zur Standortsicherung bei.
Böhm: Das stimmt. Die Frage ist nur, wann welche Kosten entstehen. Deshalb kann ich den hypothetischen Ansatz einer Aufwandsvermeidung durch Nichteinhaltung der TA Luft – immerhin handelt es sich um eine gesetzliche Vorgabe – nicht nachvollziehen. Die Praxis zeigt immer wieder, dass Einsparungen, die, wenn überhaupt, nur kurzfristig wirken, durch den Einsatz veralteter Technik mit schlechterer Funktionalität, zu hohen Umweltfolgekosten und einem höheren Betriebsrisiko für Umwelt und Mitarbeiter führen können.
Böhm: Klar, sich gut für die Zukunft zu rüsten, hat sich schon immer ausgezahlt. Und vieles, was hierzulande derzeit angestoßen wird, hat das Potenzial, mittelfristig Standortvorteile zu schaffen. Und diesem Potenzial geben wir mit unserer Dichtungsangebot und unseren Services an entscheidenden Stellen eine Perspektive. Die Umsetzung der TA Luft ist dabei ein Baustein, den wir in allen Aspekten beherrschen und dabei gerne unterstützen. Ich empfehle hierzu auch das Interview mit meinem Kollegen Herrn Göbel, in dem er die „Besten Verfügbaren Techniken“ ganzheitlich betrachtet - nicht nur aus Sicht der TA Luft.
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Beste_verfügbare_Techniken
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Ein Interview mit Daniel Goebel, Sales Director Compressor Sealing Aftermarket bei der EgaleBurgmann Germany GmbH & Co. KG.